Mülltrennung

Kapitel

Wohin mit dem getrennten Müll?

Aktualisiert (Dienstag, 30. November 1999 um 01:00)

Ein Problem für sehbehinderte und blinde Menschen.

Sehbehinderte und blinde Menschen sind ebenfalls in der Lage, die Trennung ihres Haushaltsmülles selbständig durchzuführen. Die Entsorgung in die entsprechenden Altstoff-Sammelbehälter bedeutet aber meist ein unlösbares Problem, da die Behälter von sehbehinderten und blinden Menschen nur schwer bis gar nicht unterschieden werden können.

Die getrennte Sammlung von Haushaltsmüll wird aufgrund der ständig steigenden Müllmengen in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. In vielen österreichischen Haushalten wird bereits der Haushaltsmüll getrennt und anschließend in die entsprechenden Behälter entsorgt. Besonders in Ballungsräumen ist das Netz der Sammelstellen sehr dicht, um den Zeit- und Arbeitsaufwand für jeden einzelnen Haushalt gering zu halten und damit eine möglichst hohe Trennungsrate zu erreichen.

Die großteils bereits verwirklichte farblich unterschiedliche Gestaltung der Deckel der verschiedenen Altstoff-Sammelbehälter hat bereits eine wesentliche Verbesserung der Erkennbarkeit mit sich gebracht.

Die zusätzliche Kennzeichnung sämtlicher Müllbehälter durch tastbare Beschriftung und tastbare Symbole oberhalb bzw. seitlich des Öffnungsgriffes würde auch hochgradig sehbehinderten und blinden Menschen das selbständige Einwerfen des getrennt gesammelten Mülls in die richtigen Behälter ermöglichen.

Durch entsprechende Abänderung der Formen für die Kunststoffdeckel wäre eine dauerhafte Anbringung einer tastbaren Kennzeichnung bereits bei der Produktion der Deckel möglich.

Auf Müllbehältern aus Metall könnten mit den entsprechenden Symbolen und Schriftzeichen erhaben geprägte Metallstreifen oder Kunststofffolien (letztere zusätzlich verklebt) neben oder oberhalb der Öffnungsgriffe aufgenietet werden. Beide Formen der Anbringung sind gegenüber den herkömmlichen Reinigungsverfahren (Hochdruckreinigung) widerstandsfähig. Dem üblichen Verschleiß durch Hantieren und Alterung sind alle Behälter ausgesetzt. Vandalismus kann in keinem Fall verhindert werden.

Für die tastbare Beschriftung sind die Bestimmungen der ÖNORM V 2105 „Tastbare Beschriftungen“ zu beachten. Da möglicherweise die Kunststoffformen für die Deckel der Müllbehälter nicht in der erforderlichen Feinheit hergestellt werden können und von vornherein auch nicht die richtige Art der Beschriftung gewählt wird, müssten durch Tests einer Gruppe sehbehinderter und blinder Probanden die am besten zu ertastende Form und Größe herausgefunden werden. Dies könnte im Rahmen der Arbeitsgruppe AG 196.06 des Österreichischen Normungsinstitutes erfolgen.

Auf Anfrage der „Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs“, die in Absprache mit den beiden anderen Blindenverbänden (Blickkontakt und Österreichischer Blindenverband, Landesgruppe Wien, NÖ und Bgld.) im Rahmen der gemeinsamen Sitzung der Verkehrsgremien Erfolgte, wurde seitens des Magistrates der Stadt Wien, MA 48, Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark folgendes mitgeteilt (23. September 1999):

„Die Kennzeichnung der Altstoff-Sammelbehälter in taktiler Ausführung ist deshalb nicht sinnvoll, weil gerade öffentlich zugängliche Behältnisse nicht nur der ständigen Manipulation durch das Sammel- und Reinigungspersonal ausgesetzt sind, sondern durch die starke Frequentierung auch einer nicht zu unterschätzenden Abnützung unterliegen sowie mitunter, unerwünschterweise, als Plakat- und Werbeflächen dienen, von Vandalismus ganz zu schweigen. Jede Art von Plakette oder Folie wäre binnen kurzer Zeit unlesbar gemacht. Aus oben genannten Gründen dürfte es wohl, nach unserem Wissensstand, in sämtlichen Großstädten Europas unüblich sein, die von ihnen gewünschte Behältererkennung für sehbehinderte Menschen anzubringen und wir bitten daher höflichst um ihr Verständnis, das die MA 48 ebenfalls von einer Verwendung abrät.“

Schlussfolgernd muss daher hier unmissverständlich festgehalten werden, dass sehbehinderte und blinde Menschen, die ihren Haushaltsmüll unsortiert in den Restmüll-Sammelbehälter oder nach erfolgter richtiger Trennung möglicherweise in einen falschen Sammelbehälter entsorgen von keiner Behörde bzw. Gemeinde und keinem Entsorgungsunternehmen belangt werden dürfen, solange nicht alle Entsorgungsbehälter mit eindeutig erkennbarer tastbarer Beschriftung ausgestattet sind.

In Zeiten wie diesen könnte die Stadt Wien durch eine tastbare Beschriftung der Entsorgungsbehälter zum Vorbild für alle österreichischen und ausländischen Müllentsorgungs-unternehmen hinsichtlich sehbehinderten- und blindengerechter Behälterkennzeichnung werden.