Tipps für Kids im Umgang mit blinden Menschen
Die Broschüre ist kostenlos als Druckausgabe erhältlich im Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverband, Landesgruppe Wien, Niederösterreich und Burgenland
Hägelingasse 4-6
1140 Wien
Tel. 01 / 981 89-0
E-mail: pr@braille.at
Internetausgabe erstellt von Wolfgang Kremser und Helfern im Jänner 2002.
Ergänzungen im Juli 2004.
Der Text wurde von der Pressestelle des Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes zur Verfügung gestellt.
Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Gerhard Förster (Grafiker) wurden die Bilder für eine nicht kommerzielle Verbreitung im Internet aus der Broschüre eingescannt.
Zum Beginn
Du siehst sie manchmal auf der Straße, im Supermarkt oder in der U-Bahn: Menschen mit einem langen weißen Stock oder einer gelben Schleife mit schwarzem Blindensymbol (neue Blindenarmbinde) oder drei schwarzen Punkten (alte Blindenarmbinde) um den Arm.
Sie wirken manchmal unsicher und vielleicht brauchen sie Hilfe, denn diese Menschen können nichts sehen. Sie sind blind oder schwerst sehbehindert und das meist schon lange.
Sie wissen, wie man allein unterwegs sein kann, auch wenn man nicht sieht. Dazu haben sie ihre anderen Sinne besonders gut trainiert.
Sie achten auf jedes Geräusch, „sehen“ Gegenstände durch Tasten mit den Fingern, sind oft Meister im Kopfrechnen und können sich sehr gut konzentrieren.
Trotzdem kann es vorkommen, dass Du dem einen oder anderen von ihnen helfen kannst. Wo und wie, das kannst Du hier lesen.
Richtiges Führen
Wenn Du jemanden mit weißem Stock und / oder gelber Armschleife mit schwarzem Blindensymbol (neue Blindenarmbinde) oder drei schwarzen Punkten (alte Blindenarmbinde) siehst, ist es zunächst am besten, diese Person nicht zu erschrecken.
Beobachte zuerst einmal, was er oder sie tut. Geht der blinde Mensch schnellen Schrittes seiner Wege, dann ist es am besten, Du weichst aus und läßt ihn in Ruhe, damit er sich auf die Geräusche in seiner Umgebung konzentrieren kann.
Wenn Du aber merkst, daß der blinde oder sehbehinderte Mensch nicht weiter weiß oder sich schwer orientieren kann, dann frag ihn doch ganz einfach: „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Er wird Dir dann sagen, was er möchte. Will er ein Stück geführt werden, so greif nach seiner Hand.
Wenn Du groß genug bist, kannst Du ihn auch beim Arm nehmen oder er hängt sich bei Dir ein. Beim Gehen durch eine Tür oder eine enge Stelle gehst Du am besten voraus.
Es kann natürlich auch vorkommen, dass ein blinder Mensch keine Hilfe will. Sei dann bitte nicht enttäuscht, wenn er Dein Angebot ablehnt. Es gibt blinde Menschen, die ihre Unabhängigkeit mehr schätzen als angebotene Hilfe.
Überqueren von Straßen
Die goldene Regel, einem Sehgeschädigten nur zu helfen, wenn er zustimmt, gilt natürlich auch beim Überqueren von Straßen. Du kannst dann anbieten: „Ich gehe auch über die Straße, gehen wir zusammen?“
Wenn der blinde Mensch zustimmt, nimm seine Hand und führe ihn. Zerren solltest Du vermeiden.
Auf gar keinen Fall darfst Du den sehbehinderten Menschen mitten auf einer Straße oder einer Kreuzung einfach stehen lassen, denn das kann sehr gefährlich für ihn sein.
Gehsteig und Stiegen
Beim Hinaufsteigen auf einen Gehsteig oder beim Hinuntersteigen auf die Straße genügt der Hinweis „Hinauf“ oder „Hinunter“, wenn die Gehsteigkante innerhalb des nächsten Schrittes liegt.
Wenn Du einen blinden Menschen über Stufen begleitest, sag „Achtung Stufen“ und zeig ihm das Treppengeländer, indem Du seine Hand darauf legst.
Besteht die Wahl zwischen einer Stiege und einer Rolltreppe, überlass die Entscheidung immer dem Sehgeschädigten.
Mit Blindenhund
Manchmal sind blinde Menschen mit einem Führhund unterwegs. Auch dann kann es vorkommen, dass sie zusätzliche Hilfe brauchen.
Auf keinen Fall solltest Du den Hund bei der Arbeit stören. Wenn der Hund gerade einen blinden Menschen führt, muß er sich sehr konzentrieren und soll dann nicht gestreichelt werden.
Bist du selbst mit einem Hund unterwegs, so lass deinen Hund nicht zu nahe an den Blindenhund.
Für den blinden Menschen ist sein Hund sehr wichtig und er hat viel Geld für ihn bezahlt. Füttere den Hund unterwegs bitte nicht – außer sein Besitzer bittet Dich darum.
U-Bahn, Auto, Straßenbahn
Sicher siehst Du öfter blinde Menschen, die in eine Straßenbahn oder U-Bahn einsteigen wollen.
Manchmal versuchen mehrere Passanten gleichzeitig zu helfen und der blinde Mensch wird hin- und hergeschoben. Es genügt, ihm beim Ein- und Aussteigen die Hand auf die Griffstange zu legen.
Beim Einsteigen in ein Auto genügt es, wenn der Sehgeschädigte vor die offene Wagentür geführt und seine Hand an deren Oberkante gelegt wird.
Im Supermarkt
Wenn Dich ein sehgeschädigter Mensch vor oder in einem Supermarkt anspricht, so antworte ihm bitte.
Du kannst ihm helfen, den Eingang zu finden, sich im Geschäft zu orientieren, Waren zu finden und die Preise festzustellen.
Selten wird ein blinder Mensch all das auf einmal von Dir erwarten. Häufig wird aber speziell von sehbehinderten älteren Menschen, denen die Preise zu klein gedruckt sind, um Hilfe gebeten. Du solltest den Preis dann laut und deutlich vorlesen.
Wenn Dich ein blinder Mensch ersucht, etwas vorzulesen, lies den vorgegebenen Text ganz genau.
Bei längeren Texten, etwa einer Zeitung, genügt es zunächst, die Überschriften vorzulesen.
Wo ist da, wo ist dort?
Wenn Du einem blinden Menschen etwas zeigst, sag niemals „Da!“ oder „Dort!“, wobei Du in irgendeine Richtung deutest. Du solltest möglichst genaue Entfernungen angeben. Sag etwa: „Einen Schritt vor Ihnen steht ein Sessel, ein kleiner Tisch befindet sich zwei Schritte hinter Ihnen.”
Keine Rätsel
Wenn Du einen blinden Menschen schon ein bißchen kennst und Du ihn wieder einmal triffst, genügt es nicht, ihn freundlich zu begrüßen. Du solltest bei der Begrüßung laut und deutlich Deinen Namen nennen. Und bitte geh nicht lautlos wieder weg, sondern sag es, wenn Du gehst.
Namen sind wichtig
Wenn Du den Namen des Blinden kennst, sprich ihn ruhig mit diesem an. Er weiß dann, dass er gemeint ist, wenn mehrere Personen anwesend sind.
Manche Erwachsene machen den Fehler, dass sie lieber mit der Begleitperson des Blinden über diesen reden statt mit ihm selbst. Blinde Menschen sind aber nicht unmündig und geistig völlig normal. Sie wollen auch selbst angesprochen werden.
Dabei ist es blinden Menschen keineswegs unangenehm oder peinlich, wenn die Rede vom Sehen ist.
Blinde verwenden dieses Wort selber oft und gern und meinen damit, daß sie durch Ertasten etwas gesehen haben.
Du solltest einem blinden Menschen auch immer sagen, daß Du da bist, wenn Du gerade gekommen bist und sagen, daß Du jetzt gehst, bevor Du Dich entfernst.
Im Kino oder Theater
Selten wirst Du einen blinden Menschen allein im Kino oder Theater treffen. Meistens ist ein Sehgeschädigter dann in Begleitung und diese flüstert ihm zu, was auf der Leinwand oder Bühne zu sehen ist.
Falls andere Zuschauer dann ungehalten werden, ist es wichtig zu erklären, warum geflüstert wird.
Jedes Ding hat seinen Platz
Ordnung ist für blinde Menschen ganz besonders wichtig. Grundregel ist, daß jedes Ding seinen bestimmten Platz hat und dort jederzeit gefunden werden kann.
Alle Türen in einem Haus, wo sehbehinderte Menschen leben, sollten entweder ganz offen oder geschlossen sein, auch Schranktüren. Es sollten auch keine Gegenstände wie Papierkörbe, Fahrräder, Spielzeug herumstehen, da blinde Menschen leicht darüber stolpern und sich verletzen können.
Wenn Du den Mantel oder die Tasche eines blinden Menschen irgendwo aufhängst oder verstaust, ist es ganz wichtig, daß Du ihm genau sagst, wo er die Sachen wiederfindet.
Sitzplatz zeigen
Wenn Du einem blinden Menschen in der U-Bahn oder Straßenbahn einen freien Sitzplatz zeigen willst, nimm seine Hand und führe sie zur Arm- oder Rückenlehne eines Sitzes und sag dazu: „Hier ist ein freier Platz, das ist die Rückenlehne (oder Armlehne)“. Es ist auch hilfreich, wenn Du nur sagst: „Einen Schritt genau hinter Ihnen ist ein Platz frei!“
In der Schule
Vielleicht gibt es in Deiner unmittelbaren Umgebung, in der Schule oder sogar in Deiner Klasse ein blindes oder schwer sehbehindertes Kind. Es ist dann wichtig, dass Du ihm hilfst, und dass Du auch Deinen Freunden zeigst, wie sie ihm helfen können.
Wenn die Hilfe geholfen hat, dann wirst Du spüren, daß helfen auch Spaß machen kann.
Daß es sich auszahlt zu helfen, auch wenn es nicht immer gelingt. Es wird aber immer öfter vorkommen, daß ein blinder Mensch Deine Hilfe annehmen kann und vielleicht werdet ihr Freunde.